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war, etwas zu sagen, und Maria war selbst erstaunt, als sie sich
sagen hrte:
Ich verstehe nicht, warum ich Lust habe, diesen Sumpf zu
betreten.
Tausend Franken.
Nein, das ist es nicht.
Terence schien mit ihrer Antwort zufrieden zu sein.
Ich habe mich das auch schon gefragt. Der Marquis de Sade
sagte, da die wichtigsten Erfahrungen des Menschen die seien,
die ihn an seine Grenzen fhren. Da wir nur so lernen - weil es
unseren ganzen Mut braucht. Wenn ein Chef seinen
Angestellten demtigt oder ein Mann seine Frau demtigt, ist er
entweder ein Feigling, oder er rcht sich fr das, was das Leben
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ihm vorenthalten hat; er ist ein Mensch, der es nie gewagt hat, in
sich hinein und in die Tiefe seiner Seele zu blicken; einer, der
niemals wissen wollte, woher dieser Drang kommt, das Tier in
sich loszulassen; einer, der nicht begreifen will, da Sex,
Schmerz und Liebe Grenzerfahrungen des Menschen sind.
Und nur wer diese Grenzen kennt, kennt das Leben; der Rest
ist nur Zeitvertreib, Routine, lterwerden und Sterben, wobei
man nicht einmal wei, was man hier auf Erden eigentlich
gemacht hat.
Wieder die Strae, wieder die Klte, wieder der Wunsch,
lange durch die Nacht zu gehen. Der Mann irrte sich, man
brauchte seine Dmonen nicht zu kennen, um Gott zu finden.
Maria begegnete einer Gruppe junger Leute, die aus einer Bar
kamen; sie waren frhlich, hatten etwas getrunken, waren schn,
gesund, standen kurz vor dem Abschluexamen und dem
Beginn dessen, was sie : das wahre Leben9 nannten: Arbeit,
Hochzeit, Kinder, Fernsehen, Verbitterung, Alter, das Gefhl,
viel verpat zu haben, Abhngigkeit von andern, Einsamkeit,
Tod.
Was lief da ab? Auch Maria suchte Ruhe, um ihr wahres
Leben zu leben. Die Zeit in der Schweiz und ein Gewerbe, in
dem sie sich frher nie gesehen htte, waren nur eine dieser
schwierigen Lebensphasen gewesen, die alle Menschen frher
oder spter durchstehen mssen. In dieser schwierigen Phase
ging sie ins : Copacabana9 , ging fr Geld mit Mnnern aus,
spielte je nach Freier mal die naive Unschuld, mal die femme
fatale, mal die zrtliche Mutter. Aber das war nur ihre Arbeit,
die sie so professionell wie mglich (wegen der Trinkgelder)
und (aus Angst, sich daran zu gewhnen) so desinteressiert wie
mglich machte. Neun Monate lang hatte sie alles unter ihrer
Kontrolle gehabt, und jetzt, kurz bevor sie in ihre Heimat
zurckkehrte, entdeckte sie, da sie imstande war,
bedingungslos zu lieben und grundlos zu leiden. Als htte das
Leben dieses krasse Mittel gewhlt, um ihr etwas ber ihre
-117-
eigenen Mysterien, ihre Licht- und Schattenseiten beizubringen.
Aus Marias Tagebuch in derselben Nacht, in der sie Terence
das erste Mal getroffen hatte:
Er hat de Sade erwhnt, von dem ich noch keine einzige Zeile
gelesen, nur die blichen Klischees zum Sadismus gehrt habe:
Wir erkennen uns nur, wenn wir an unsere Grenzen gelangen.
Das ist richtig. Aber es ist auch falsch, weil man die
Selbsterkenntnis auch nicht zu weit treiben sollte; der Mensch
wurde nicht nur dazu geschaffen, seine Erkenntnisse zu mehren,
sondern auch dazu, den Boden zu pflgen, auf den Regen zu
warten, sein Getreide anzubauen, zu ernten und Brot zu backen.
Ich bin zwei Frauen: Die eine will die Freude, das Abenteuer,
die Leidenschaft, welche das Leben ihr bieten kann, voll
auskosten; die andere will Sklavin einer Routine, eines
Familienlebens sein, all der Dinge, die geplant und erfllt
werden knnen. Ich bin Hausfrau und Hure zugleich, im selben
Krper, und beide befinden sich in einem stndigen Kampf
miteinander.
Die Begegnung einer Frau mit sich selbst ist ein Spiel mit
ernsten Gefahren. Ein gttlicher Tanz. Wenn wir uns selbst
finden, sind wir zwei gttliche Energien, zwei Universen, die
aufeinandertreffen. Wenn in diesem Aufeinandertreffen die
ntige gegenseitige Achtung fehlt, zerstrt ein Universum das
andere.
Maria war wieder in Ralf Harts Wohnzimmer, das Feuer
brannte im Kamin, beide saen auf dem Boden, tranken Wein,
und die Erinnerung an die vergangene Nacht mit dem englischen
Manager war nichts als ein Traum oder Alptraum - je nach
Marias Stimmung. Jetzt suchte sie wieder nach dem Grund ihres
Seins - oder vielmehr die vllige Hingabe, die keine
Gegenleistung erwartet.
Sie war reifer geworden, whrend sie auf diesen Augenblick
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gewartet hatte. Sie hatte herausgefunden, da die wirkliche
Liebe, so wie sie sie sich vorgestellt hatte, nichts mit dieser
durch die Liebesenergie hervorgerufenen Kettenreaktion von
Ereignissen zu tun hatte: Zeit der Werbung, gegenseitige
Versprechen, Heirat, Kinder, Warten, Kche, sonntags der
Vergngungspark, noch mehr Warten, gemeinsam alt werden,
Ende der Warterei und statt dessen die Pensionierung des
Ehemannes, Krankheiten, das Gefhl, da man die Chance
verpat hat, um gemeinsam seine Trume zu verwirklichen.
Sie schaute den Mann an, dem sich hinzugeben sie
beschlossen hatte. Und dem sie niemals sagen wollte, was sie
fhlte, weil es fr ihre Gefhle noch keine Ausdrucksform gab,
nicht einmal eine krperliche. Er wirkte entspannter, als htte
eine vielversprechende Phase seines Lebens begonnen. Er
lchelte, erzhlte von seiner krzlichen Reise nach Mnchen,
wo er sich mit einem wichtigen Museumsdirektor getroffen
hatte.
Er hat gefragt, ob das Bild der Gesichter Genfs fertig sei. Ich [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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war, etwas zu sagen, und Maria war selbst erstaunt, als sie sich
sagen hrte:
Ich verstehe nicht, warum ich Lust habe, diesen Sumpf zu
betreten.
Tausend Franken.
Nein, das ist es nicht.
Terence schien mit ihrer Antwort zufrieden zu sein.
Ich habe mich das auch schon gefragt. Der Marquis de Sade
sagte, da die wichtigsten Erfahrungen des Menschen die seien,
die ihn an seine Grenzen fhren. Da wir nur so lernen - weil es
unseren ganzen Mut braucht. Wenn ein Chef seinen
Angestellten demtigt oder ein Mann seine Frau demtigt, ist er
entweder ein Feigling, oder er rcht sich fr das, was das Leben
-116-
ihm vorenthalten hat; er ist ein Mensch, der es nie gewagt hat, in
sich hinein und in die Tiefe seiner Seele zu blicken; einer, der
niemals wissen wollte, woher dieser Drang kommt, das Tier in
sich loszulassen; einer, der nicht begreifen will, da Sex,
Schmerz und Liebe Grenzerfahrungen des Menschen sind.
Und nur wer diese Grenzen kennt, kennt das Leben; der Rest
ist nur Zeitvertreib, Routine, lterwerden und Sterben, wobei
man nicht einmal wei, was man hier auf Erden eigentlich
gemacht hat.
Wieder die Strae, wieder die Klte, wieder der Wunsch,
lange durch die Nacht zu gehen. Der Mann irrte sich, man
brauchte seine Dmonen nicht zu kennen, um Gott zu finden.
Maria begegnete einer Gruppe junger Leute, die aus einer Bar
kamen; sie waren frhlich, hatten etwas getrunken, waren schn,
gesund, standen kurz vor dem Abschluexamen und dem
Beginn dessen, was sie : das wahre Leben9 nannten: Arbeit,
Hochzeit, Kinder, Fernsehen, Verbitterung, Alter, das Gefhl,
viel verpat zu haben, Abhngigkeit von andern, Einsamkeit,
Tod.
Was lief da ab? Auch Maria suchte Ruhe, um ihr wahres
Leben zu leben. Die Zeit in der Schweiz und ein Gewerbe, in
dem sie sich frher nie gesehen htte, waren nur eine dieser
schwierigen Lebensphasen gewesen, die alle Menschen frher
oder spter durchstehen mssen. In dieser schwierigen Phase
ging sie ins : Copacabana9 , ging fr Geld mit Mnnern aus,
spielte je nach Freier mal die naive Unschuld, mal die femme
fatale, mal die zrtliche Mutter. Aber das war nur ihre Arbeit,
die sie so professionell wie mglich (wegen der Trinkgelder)
und (aus Angst, sich daran zu gewhnen) so desinteressiert wie
mglich machte. Neun Monate lang hatte sie alles unter ihrer
Kontrolle gehabt, und jetzt, kurz bevor sie in ihre Heimat
zurckkehrte, entdeckte sie, da sie imstande war,
bedingungslos zu lieben und grundlos zu leiden. Als htte das
Leben dieses krasse Mittel gewhlt, um ihr etwas ber ihre
-117-
eigenen Mysterien, ihre Licht- und Schattenseiten beizubringen.
Aus Marias Tagebuch in derselben Nacht, in der sie Terence
das erste Mal getroffen hatte:
Er hat de Sade erwhnt, von dem ich noch keine einzige Zeile
gelesen, nur die blichen Klischees zum Sadismus gehrt habe:
Wir erkennen uns nur, wenn wir an unsere Grenzen gelangen.
Das ist richtig. Aber es ist auch falsch, weil man die
Selbsterkenntnis auch nicht zu weit treiben sollte; der Mensch
wurde nicht nur dazu geschaffen, seine Erkenntnisse zu mehren,
sondern auch dazu, den Boden zu pflgen, auf den Regen zu
warten, sein Getreide anzubauen, zu ernten und Brot zu backen.
Ich bin zwei Frauen: Die eine will die Freude, das Abenteuer,
die Leidenschaft, welche das Leben ihr bieten kann, voll
auskosten; die andere will Sklavin einer Routine, eines
Familienlebens sein, all der Dinge, die geplant und erfllt
werden knnen. Ich bin Hausfrau und Hure zugleich, im selben
Krper, und beide befinden sich in einem stndigen Kampf
miteinander.
Die Begegnung einer Frau mit sich selbst ist ein Spiel mit
ernsten Gefahren. Ein gttlicher Tanz. Wenn wir uns selbst
finden, sind wir zwei gttliche Energien, zwei Universen, die
aufeinandertreffen. Wenn in diesem Aufeinandertreffen die
ntige gegenseitige Achtung fehlt, zerstrt ein Universum das
andere.
Maria war wieder in Ralf Harts Wohnzimmer, das Feuer
brannte im Kamin, beide saen auf dem Boden, tranken Wein,
und die Erinnerung an die vergangene Nacht mit dem englischen
Manager war nichts als ein Traum oder Alptraum - je nach
Marias Stimmung. Jetzt suchte sie wieder nach dem Grund ihres
Seins - oder vielmehr die vllige Hingabe, die keine
Gegenleistung erwartet.
Sie war reifer geworden, whrend sie auf diesen Augenblick
-118-
gewartet hatte. Sie hatte herausgefunden, da die wirkliche
Liebe, so wie sie sie sich vorgestellt hatte, nichts mit dieser
durch die Liebesenergie hervorgerufenen Kettenreaktion von
Ereignissen zu tun hatte: Zeit der Werbung, gegenseitige
Versprechen, Heirat, Kinder, Warten, Kche, sonntags der
Vergngungspark, noch mehr Warten, gemeinsam alt werden,
Ende der Warterei und statt dessen die Pensionierung des
Ehemannes, Krankheiten, das Gefhl, da man die Chance
verpat hat, um gemeinsam seine Trume zu verwirklichen.
Sie schaute den Mann an, dem sich hinzugeben sie
beschlossen hatte. Und dem sie niemals sagen wollte, was sie
fhlte, weil es fr ihre Gefhle noch keine Ausdrucksform gab,
nicht einmal eine krperliche. Er wirkte entspannter, als htte
eine vielversprechende Phase seines Lebens begonnen. Er
lchelte, erzhlte von seiner krzlichen Reise nach Mnchen,
wo er sich mit einem wichtigen Museumsdirektor getroffen
hatte.
Er hat gefragt, ob das Bild der Gesichter Genfs fertig sei. Ich [ Pobierz całość w formacie PDF ]